Stefan Maierhofer 
„Ich bin einer, der immer die Power reinbringen möchte, ich lebe von meiner Energie.“

Für das neueste Interview musste Spielfrei all in gehen. Unser Redakteur Alexander Stegisch traf sich nämlich mit dem Major höchstpersönlich. Die Rede ist natürlich von Stefan Maierhofer. Wir haben den polarisierenden ehemaligen Nationalspieler in Mattersburg getroffen und mit ihm unter anderem über seine Karrierestationen, seinen unglaublichen Ehrgeiz und seine bisherigen Entscheidungen im Leben gesprochen. Außerdem haben wir ihn gefragt, ob Typen wie er auch aus Fussballakademien kommen können. Nach den Interviews mit Viktoria Schnaderbeck und den beiden Schiedsrichtern, haben wir auch mit Stefan Maierhofer (www.stefanmaierhofer.at) wieder ein sehr angenehmes Gespräch geführt.

© spielfrei.at


 

Wie bist du zum Fußball gekommen?
Ich habe früher bei meiner Großmutter im Garten Fussball gespielt. Die Mutter eines Schulkollegen in der Volksschule war Obfrau des SV Gablitz und als der Verein eine dritte Jugendmannschaft bilden wollte, wurde in der Schule durchgefragt. Das wurde dann auch gut organisiert, denn meine Eltern hatten damals ein Gasthaus und hätten mich nirgendwo hinbringen können.

Warum glaubst du, ist Fußball die beliebteste Sportart der Welt?
Es ist einfach, du brauchst nur einen Ball, eine Mauer wo du dagegen spielst und vielleicht zwei Stangen als Tor. Wenn du ein paar Spielerkollegen hast, umso besser, dann kannst du gegeneinander spielen.

Oder du nimmst zwei Schuhe als Tor.
Ja, das ist der Klassiker gewesen. Du brauchst einfach nicht viel, um diesen Sport auszuüben. Die Ausrüstung von einem Eishockeyspieler kostet zum Beispiel enorm viel und dann braucht man auch noch spezielle Trainingsbedingungen.

Stehplatz, Sitzplatz oder VIP?
Stehplatz gibt’s ja eigentlich fast gar nicht mehr, oder?

In Graz zum Beispiel wurden die Sitzplätze hinter dem Tor erst kürzlich entfernt.
Okay. Es kommt drauf an: Im VIP-Bereich ist es natürlich auch nett, aber wenn du in einer guten Kulisse drinnen sitzt und das miterlebst, dann ist das schon was Feines. Es gibt Stadien, vor allem in England, da bist du mittendrin und merkst, dass die den Fussball richtig leben. Ähnliches habe ich auch schon im Allianz Stadion (Anm.: Stadion von Rapid Wien) erlebt. Wenn du mitten auf der Westtribüne stehst und 20.000 Zuseher da sind, ist das ein Hexenkessel.

Wann hast du die Entscheidung getroffen, Profifussballer zu werden?
In der Volksschule war bei “Was möchtest du später einmal werden?” Fussballprofi klarerweise dabei. Das waren damals natürlich nur Träume eines Kindes. Als Jugendlicher habe ich  eine Lehre absolviert. Da war es oft schwer, zeitlich alles unter einen Hut zu bekommen, weil ich im Gastgewerbe tätig war. Fussball und den Beruf zu kombinieren war nicht immer möglich. Ich habe zwei Jahre lang gar nicht gespielt, aber den Traum, Profifussballer zu werden, hatte ich immer im Hinterkopf. Schließlich habe ich Landesliga gespielt, später auch ein Jahr in der Regionalliga bei der Vienna (Anm.: First Vienna FC, Österreichs ältester Fussballverein), danach wieder Landesliga. Ich habe immer meine Tore gemacht und war erfolgreich. Schließlich habe ich mich dann dazu entschieden, alles auf eine Karte zu setzen und nach München zum Probetraining zu fahren (Anm.: zu den Amateuren von Bayern München) und dort ist mir dann der Knopf aufgegangen: Ich habe einen Vertrag bekommen.

Du nimmst mir da bereits eine Frage vorweg: Vom SV Langenrohr zu den Bayern Amateuren? Wie geht denn das?
Vielleicht muss man, so wie ich, ein wenig verrückt sein und braucht auch Selbstvertrauen, damit man an sich glaubt. Die Situation damals: Ich war bei Langenrohr, habe ungefähr 17 Tore in der Saison gemacht und war 23 Jahre alt – das ist natürlich schon ziemlich spät.

Um Profi zu werden.
Es ist ein Wahnsinn im Fussball! Aber die wollten damals einen großen Stürmer,ich habe im Training überzeugt und deswegen hat das damals perfekt gepasst. Ein Traum ist in Erfüllung gegangen. Ich war immer schon Bayern München Fan und dann konnte ich dort ein Probetraining machen. Mein Co-Trainer war niemand Geringerer als Gerd Müller und mein Trainer war damals Hermann Gerland, der jetzt Co-Trainer bei den Profis ist. Ich habe bei dem Verein tolle Menschen kennengelernt. Die eineinhalb Jahre bei Bayern haben mir irrsinnig viele Möglichkeiten geboten, um an mir als Spieler und als Mensch zu arbeiten. Ich weiß das extrem zu schätzen und bin sehr demütig, dass ich Fussballprofi sein darf.

Wie zufrieden bist du bisher mit deiner Leistung in Mattersburg?
Ich bin vor über einem Jahr, am 16. Jänner, hierhergekommen. Der Verein war mit meiner Fitness, mit mir als Person und meinem Auftreten in der Gruppe extrem zufrieden und auch positiv überrascht. Und das trotz meines Alters. Ich arbeite auch in der Akademie (Anm. Fussballakademie Burgenland) mit. Der Verein hat mir tolle Möglichkeiten geboten, denn ich kann Bundesliga spielen und mache nebenbei meine A-Lizenz in der Trainerausbildung. Die Infrastruktur bei dem Verein ist gut.

Verglichen mit früheren Vereinen in Österreich, Deutschland oder England gehört Mattersburg eher zu den kleineren Vereinen in deiner Karriere. Was sind die größten Unterschiede?
Der Verein bzw. die Ortschaft ist natürlich kleiner als Duisburg oder Köln. Natürlich kann man Mattersburg auch nicht mit einem so traditionsreichen Verein wie dem SK Rapid, mit seiner Geschichte und seinen Fans, vergleichen.. Aber ein Riesenkompliment an unseren Präsidenten Herrn Pucher, der extrem viel Aufwand betreibt, damit das alles machbar ist. Wir haben hier (Anm.: Fussballakademie Burgenland, wo auch der SV Mattersburg trainiert) vier Rasenplätze, zwei Kunstrasenplätze und auch die Möglichkeit zu übernachten. Ich werde zum Beispiel auch heute wieder hier schlafen, weil wir zweimal trainiert haben. Das sind Bedingungen, die ich sonst in Österreich nirgendwo vorgefunden habe, selbst im Ausland nicht wirklich. Bei Wolverhampton (Anm.: Wolverhampton Wanderers, seinerzeit Premier League Club) konnte ich zwar frühstücken und zu Mittag essen, aber eine Schlafmöglichkeit gab es dort nicht. Große Unterschiede gibt es natürlich, was die Kulisse betrifft. Die Stadien, die etwa in Deutschland für die Heim-WM 2006 gebaut wurden, machen es für Zuschauer noch interessanter und schmackhafter, Woche für Woche ins Stadion zu gehen. In England hast du viele alte Stadien wie Stamford Bridge, Anfield Road oder Old Trafford, die diese großartigen Kulissen bieten. Das fehlt uns in Österreich einfach in Summe, auch wenn Rapid jetzt ein tolles Stadion hat und auch in Graz ist die Kulisse oft großartig. Gespannt bin ich schon, wie das nächstes Jahr bei der Austria wird, wenn sie ihre neue Arena am Verteilerkreis haben.

Früher wurde abseits des Trainingsplatzes oft Karten gespielt, heute duelliert man sich eher auf der Playstation. Wie stehst du dazu? Womit verbringst du deine Zeit abseits des Fussballplatzes?
Heute gehe ich im Anschluss mit meinen Kollegen etwas essen, nachher spielen wir Poker und schauen Premier League., Das machen wir immer so, wenn ich hier bleibe. Im Trainingslager in Portugal haben alle PlayStation gespielt, für mich ist das eher nichts. Als ich bei Bayern war, habe ich mich mit Rensing  (Anm.: Michael Rensing, ehemaliger Bayern Torwart) gut verstanden, der hat immer mit Podolski und Schweinsteiger (Anm.: Lukas Podolski und Bastian Schweinsteiger, auch ehemalige Bayern Spieler) gespielt. Ich habe zugeschaut, und wusste, dass sie  mich 5:0 abgeschossen hätten. Das wäre keine Befriedigung für mich gewesen.

Du hast mir gerade eine super Überleitung geliefert. 5:0 verlieren wäre keine Befriedigung für dich. Stichwort Motivation: Man hat bei dir wirklich immer das Gefühl, dass du jederzeit versuchst, hundert Prozent zu geben. Woher kommt das?
Das habe ich vorhin schon kurz angesprochen: Es liegt an der Demut, die ich habe, weil ich Fussballprofi sein darf. Ich habe früher im Gastgewerbe gearbeitet. Heute haben wir zweimal trainiert, es war ein langer und intensiver Tag. Wir haben uns am Vormittag um halb neun zum Mannschaftsfrühstück getroffen, hatten dann über zwei Stunden High Intensity Training, darunter auch eine halbe Stunde in der Kraftkammer. Danach folgte ein gemeinsames Mittagessen und im Anschluss eine Stunde Ruhepause. Am Nachmittag ging es wieder in die Kraftkammer, danach hatte ich noch eine Behandlung. Jetzt ist es 17 Uhr und mein Trainingstag ist zu Ende. Wenn ich mit dir kein Interview hätte, würde ich jetzt nur noch mit den Jungs irgendwo eine Kleinigkeit essen gehen. Als Kellner würde ich jetzt sicher noch bis acht, neun am Abend arbeiten. Deswegen schätze ich das auch sehr und bin glücklich, wenn ich am Fussballplatz stehen darf. Ich sehe das als meine Arbeitszeit. In den neunzig Minuten muss ich das Bestmögliche herausholen. Ich bin auch einer, der immer Power reinbringen möchte, ich lebe von meiner Energie. Das habe ich schon als Kind in der Volksschule oder Hauptschule im Turnunterricht gelebt. Ich konnte und wollte nicht verlieren. Jetzt bin ich schon 35, habe einiges gesehen und erlebt. Das Positive möchte ich weitergeben und vielleicht auch den ein oder anderen mitziehen.

Wie gehst du damit um, wenn dir bei einem Teamkollegen auffällt, dass er nicht alles gibt?
Ich führe mit einigen Kollegen immer wieder intensive Gespräche und gehe mit ihnen hart ins Gericht. Ich frage dann, ob das für sie in Mattersburg schon genug ist. Es ist ja von jedem, der hier von der U16 bis zur U18 in der Akademie trainiert, das Ziel, Profi bei Mattersburg zu werden. Aber ich glaube, wir haben extrem gute und talentierte Spieler und da muss irgendwann der nächste Schritt passieren. Wenn du dann wie ein Kuster (Anm.: Markus Kuster, Torwart von Mattersburg und dem österreichischen Nationalteam) hier in Mattersburg zum Nationalspieler heranwächst, dann muss nach vier Saisonen Bundesliga bzw. Erste Liga auch der nächste Step folgen. Da sind auch andere Spieler dabei und ich versuche ihnen dann vor Augen zu führen, dass sie immer wieder an ihre Leistungsgrenze gehen müssen. Wenn du nach Deutschland oder England in die erste oder zweite Liga wechselst, dann geht es ganz anders zu als hier. Wenn du dich hier nicht durchsetzt, wird es woanders viel schwieriger oder klappt gar nicht.

Mario Basler hat erst unlängst in einer Ausgabe von “Doppelpass” angeprangert, dass Fussballer in Akademien schon beinahe “gezüchtet” würden und Spieler mit Ecken und Kanten auf der Strecke bleiben. Du bist zweifelsohne einer, den man mit Fug und Recht als “echten Typen” im Fussball bezeichnen kann. Gibt’s deiner Meinung nach noch genug solche Typen im heutigen Fussball?
Geiles Interview (lacht). Ich glaube, es ist wichtig, welche Mentalität man selbst als Mensch mitbringt und welcher Typ man ist. Ich spiele das nicht, ich bin so wie ich bin. Ich weiß, wie es ist, vierzehn oder sechzehn Stunden im Gastgewerbe zu arbeiten. Deswegen schätze ich es auch so, Profifussballer zu sein. Es ist hart, es ist intensiv und es geht viel Freizeit drauf, aber es gibt keinen schöneren Beruf.

In Österreich hast du sowohl bei Rapid als auch bei Salzburg gespielt. Die zwei Mannschaften sind im Sinne von Tradition und Kommerz vermeintlich sehr weit voneinander entfernt. Wie stehst du zu diesen Begriffen, die man in der Fanszene ja immer wieder hört?
Ich kann mit dem Ausdruck Kommerz nicht viel anfangen, weil viele Leute nicht hinter die Kulissen blicken. Ich hatte eine tolle Zeit bei Rapid, es ist ein super Verein, was die Fans betrifft. Aber ich glaube, dass intern immer wieder Dinge nicht so entschieden wurden, wie es für den Verein eventuell richtig gewesen wäre. Jetzt spielt Rapid seit eineinhalb Jahren in einem tollen Stadion, genau das hat der Verein gebraucht. Aber damit sind sie vielleicht acht bis zehn Jahre zu spät. Wenn Rapid schon seit zehn Jahren in so einem Stadion spielen würde, hätten sie vielleicht auch andere finanzielle Mittel, andere Sponsoren und könnten vielleicht auch Salzburg Paroli bieten. 2004, 2005 ist Red Bull in Salzburg eingestiegen. Der Geschäftsmann Didi Mateschitz (Anm.: mit Red Bull Hauptsponsor in Salzburg) hat Rudi Quehenberger (Anm.: ehemaliger Präsident des SV Salzburg)  unter die Arme gegriffen, sonst hätte er mit Wüstenrot Salzburg damals sonst Konkurs anmelden müssen. Mateschitz wollte dem Verein helfen. Da zählte nicht in erster Linie der Gedanke an Marketing und „ich komm’ da jetzt irgendwie rein“. Es war ein Freundschaftsdienst, weil auch Didi Mateschitz in den Aufbaujahren von Red Bull durch Quehenberger unterstützt wurde. Mateschitz ist schon sehr sportbegeistert und möchte einfach jungen Spielern bzw. Sportlern die Möglichkeit bieten, sich unter bestmöglichen Voraussetzungen weiterzuentwickeln und weiterzubilden. Deswegen steht jetzt seit 2013 in Liefering die Akademie für 60 Millionen Euro. Genau dasselbe ist auch in Leipzig passiert, wo er den Verein in der fünften Liga übernommen und ihn in acht Jahren in die Bundesliga geführt hat. Natürlich hat Leipzig finanzielle Möglichkeiten, die ein anderer Verein nicht hat, aber er schafft Arbeitsplätze in der Region und spielt Woche für Woche in einem ausverkauften WM-Stadion. Das ist einfach geil. In England sehe ich das aufgrund einiger Scheichs, die da und dort ein paar hundert Millionen investieren, etwas kritischer.

Warum funktioniert das Mobilisieren der Fans in Leipzig so viel besser als in Salzburg?
Darüber habe ich schon mit vielen Leuten gesprochen und kann das nur als Außenstehender beurteilen. Es ist schwer, diese Identifikation mit einer Mannschaft auf die Fans zu übertragen. Salzburg fördert seine Talente und wenn man einen guten Spieler hat, dann ist er möglicherweise in ein, zwei Saisonen weg. Es gibt nur einen Ulmer, einen Leitgeb und einen Walke (Anm. alle aktuell bei Red Bull Salzburg), die länger dort sind. Der Rest bleibt maximal ein, zwei Jahre. Wenn junge Spieler zum Verein kommen, sich gut entwickeln und dann den nächsten Schritt machen wollen, darf man ihnen auch nicht böse sein. Als Fan sieht man das vielleicht ein wenig anders. Aber wenn ein Spieler wie Soriano nach China geht und dort zwei Jahre spielt, dann hat das sicherlich auch finanzielle Gründe, die es zu respektieren gilt.

Wäre für dich so ein Engagement in China nie ein Thema gewesen?
Es gab schon einmal Gespräche, aber in dem Vertrag waren sehr seltsame Klauseln. Wenn beispielsweise ein neuer Trainer kommt, du dann von der ersten in die zweite Mannschaft verwiesen wirst und nur mehr fünfzig Prozent vom Gehalt bekommst, interessiert mich das nicht. Man sieht es ja auch bei vielen Spielern, die nach China gehen und kurze Zeit später wieder zurück sind: Große Namen wie zum Beispiel ein Didier Drogba (Anm.: 2012 für elf Spiele zu Shanghai Shenhua gewechselt) oder ein Tévez (Anm. Carlos Tévez, jetzt bei den Boca Juniors) waren ein Jahr dort und sind jetzt wieder zurück. Ich glaube für ein Jahr am Ende meiner Karriere kann ich es mir vorstellen, sag niemals nie.

Du hast mit Wolverhampton, Bristol und Millwall bei insgesamt drei englischen Vereinen gespielt. Was ist dir dabei besonders positiv in Erinnerung geblieben?
Die Fans. Als wir bei Millwall den Nichtabstieg schafften, waren sie unglaublich dankbar, dass wir uns so aufgeopfert und zum Schluss noch die Kurve gekriegt haben. Ich war gerade mal für elf Spiele dort, trotzdem haben mich die Fans geherzt. Einer, der fast so groß war wie ich, mit 120 Kilo, einer Glatze und tätowiertem Gesicht, hat mich umarmt und abgebusselt. Sonst denkst du dir da ja eher: Wahnsinn, dem möchte ich nicht in der Nacht begegnen. Auch bei Wolverhampton war das so. Die Fans haben sehr lange darauf gewartet, dass sie wieder in die Premier League kommen und als ich damals dorthin gewechselt bin, hatten sie gerade einmal drei, vier Spiele absolviert. Mein Nachbar hatte schon seit zwanzig Jahren eine Saisonkarte bei Wolverhampton, der war ein riesengroßer Wolves Fan. In England entscheidest du dich für einen Verein und dann gehst du mit dem durch dick und dünn.

Wir fliegen für Spielfrei demnächst nach England und schauen uns da u.a. auch ein Spiel von Millwall an, ein Verein, bei dem du ja auch kurz gespielt hast. Was kannst du von deinen Erfahrungen dort berichten?
Cooles Publikum, cooles Stadion. Es erinnert mich ein bisschen an das alte Hanappi Stadion (Anm.: ehemaliges Stadion von Rapid Wien). Die Kulisse und die Fans haben einfach ein eigenes Flair.

Millwall haftet das Böse-Buben-Image an. Ist das deiner Meinung nach gerechtfertigt?
Ich glaube, der Verein hat schon härtere Zeiten erlebt, es ist besser geworden. Aber ich habe Frauen auf der Tribüne erlebt, die Sachen aufs Feld geschrien haben, die ich selbst nach einer ganzen Nacht in der Disco nicht so rüberbringen würde. Es sind schon ein paar Highlights dabei, dort steht man oft auch bei Minusgraden im T-Shirt, Pulli oder kurzen Rock im Stadion. Der englische Fan ist auf jeden Fall hart im Nehmen, zumindest was die Wetterbedingungen betrifft.

Wie sehr beschäftigst du dich mit der Fankultur im Generellen: etwa Gesängen, Hymnen, Choreographien oder anderen Ritualen?
Also bei Rapid war es immer einzigartig, die Fans lassen sich oft coole Sachen einfallen. Jetzt am Beginn der Champions League Saison war auch Legia Warschau mit ihrem “Guess who’s back?” über die ganze Wand etwas Besonderes. Das macht schon was her und ist auch schön anzuschauen. Es gibt auch sehr beeindruckende Fangesänge . Um diese Atmosphäre im Stadion zu erleben, dafür trainiert man.

Trotz der vielen Erfolge stehst du im Vergleich zu David Alaba oder Marko Arnautović nicht so sehr im Rampenlicht. Was glaubst du, woran liegt das?
Die beiden spielen bei absoluten Top-Vereinen. David ist jetzt seit fünf, sechs Jahren auf höchstem Niveau, regelmäßig in der Champions League und für mich bei dem Top-Club in Europa. Und Marko ist ein extrovertierter Typ, der immer wieder für Schlagzeilen sorgt, sowohl positiv als auch negativ. Fussballerisch hat er sich mit dem Alter ebenfalls weiterentwickelt. Ich habe kürzlich ein Interview von ihm gelesen, wo er darüber gesprochen hat, wie wichtig ihm seine Familie und Kinder sind. Jetzt gibt’s keine Eskapaden mehr. Zu meiner Zeit, 2008, war ich auch viel in den Schlagzeilen, aber irgendwann will man das auch gar nicht mehr.

Worauf führst du zurück, dass du “nur” 19 Spiele für das Nationalteam gemacht hast?
Als ich in England war und nicht Woche für Woche meine Einsätze bekommen habe, hat Didi Constantini (Anm.: ehemaliger Nationaltrainer von Österreich) gesagt, dass er mich unter diesen Umständen nicht einberufen kann. Dieses Vertrauen hat zum Beispiel Marc Janko (Anm.: österreichischer Nationalspieler) von Marcel Koller gehabt, als er in der Türkei nicht zum Zug gekommen ist. Er wurde sogar aus Australien eingeflogen. Viele hätten mir nicht mal ein Länderspiel zugetraut, jetzt habe ich 19 Spiele.

Was kann das Nationalteam in den kommenden Jahren noch erreichen?
Schon einiges. Wenn du vermehrt Spieler in der deutschen und englischen Liga hast und auch die österreichischen Vereine auf hohem Niveau spielen, dann muss das im Nationalteam auch irgendwann fruchten.

Was würdest du als beste Entscheidung in deiner bisherigen Karriere bezeichnen?
Dass ich mich ins Auto gesetzt habe, nach München gefahren bin und dort ein Probetraining gemacht habe.

Gibt’s auch Entscheidungen, die du bereust?
Bereuen? Ich glaube jeder Schritt, den ich in meiner Karriere gemacht habe, war positiv. Wenn einer im Nachhinein nicht gut war, konnte ich zumindest als Mensch irrsinnig viel daraus lernen. Dafür bin ich dankbar. Manche fragen, warum ich Rapid verlassen habe? Naja, weil ich immer nach England gehen wollte. Vielleicht war’s in England damals auch mit dem Berater schlecht kommuniziert. Die wollten einen großen Stürmer, auch für die Fans, aber der Trainer ließ letztlich nur seinen irischen Spieler spielen und den Spieler, der sie in die Championship (Anm.: zweithöchste englische Spielklasse) geschossen hat. Köln, Trenčín (Anm.: Verein in der höchsten slowakischen Spielklasse), da waren vielleicht Vereine dabei, wo ich nur ganz kurz war, aber als Person habe ich überall etwas mitnehmen können und auch sportliche Erfolge gefeiert.

Du hast vorhin schon kurz erwähnt, dass du jetzt die Trainerausbildung machst. Hast du schon konkrete Pläne für die Zeit nach deiner aktiven Karriere?
Ich bin jetzt Profi, habe noch bis Sommer Vertrag. Solange es körperlich geht, möchte ich aktiv spielen. Aber natürlich bereite ich mich schon auf die Zeit nach der Karriere vor. Ich habe ein Studium abgeschlossen und wie schon erwähnt, war ich lange Zeit im Gastgewerbe und habe auch zwei Lehrberufe abgeschlossen. Irgendwann möchte ich aber auch als Trainer oder vielleicht als Sportdirektor tätig sein.

Neben dem Blog betreibt Spielfrei ja auch noch einen Podcast. Beschäftigst du dich privat auch mit Blogs bzw. Podcasts? Wie gefallen dir diese mehr oder weniger neuen Formate?
Ich arbeite mit Michael Litschka und seiner Firma ML Marketing zusammen. Bis vor einem Jahr hatte ich nur einen privaten Instagram Account, aber nachdem ich durchaus polarisiere hat mir Michael zu einem offiziellen Auftritt geraten. Mir ist es egal, ob ich bei einem Bild hundert, sechshundert oder achthundert Likes habe. Manchen taugt das mehr, manchen eben weniger. Bis jetzt ist die Resonanz sehr positiv, es macht auch viel Spaß mit ML Marketing zu arbeiten. Wir haben zum Beispiel jetzt auch Fussballreisen und einen eigenen Sponsor für Fernsehauftritte organisiert.

Gibt es noch etwas, was du unbedingt sagen willst, wo ich vielleicht nicht nachgefragt habe?
Nachdem ich selbst nicht immer gut beraten wurde, habe ich meine eigene Firma Sportscon gegründet. Ich möchte jungen Spielern helfen und ihnen mitgeben, wie wichtig es ist, eine Karriereplanung zu haben. Was ist der nächste Schritt in meiner Karriere? Bundesliga in Österreich muss der erste Schritt sein und dann vielleicht mal nach Deutschland oder England. Ein gutes Beispiel ist Julian Baumgartlinger. Er war zuerst bei 1860 München, danach bei der Austria, ging danach nach Mainz und spielt jetzt bei Leverkusen. Das ist ein guter Karriereplan: zwei, drei Jahre dort, gute Leistungen zeigen und den nächsten Schritt machen. Es gibt große Unterschiede zwischen der österreichischen und der deutschen Bundesliga. Gemeinsam mit dem Spieler und auch seiner Familie erarbeiten wir Perspektiven, damit er sich Ziele stecken kann und auch weiß, wie es weitergeht. Schnell einen Transfer zu machen, das funktioniert, das habe ich bei mir gesehen. Aber ich bin am letzten Transfertag nach Wolverhampton gegangen, habe weder gewusst, wer meine Mitspieler sind, noch wie lange der Verein schon in der Premier League spielt. Das ist damals alles so schnell gegangen. Wenn man diesen Schritt macht, dann sollte man vielleicht vorher schon hinfliegen, sich die Infrastruktur bzw. die Stadt anschauen und überlegen, ob einem das überhaupt gefällt. Das sind Faktoren, die heutzutage eine wichtige Rolle spielen und die man beachten muss, genauso wie die rechtliche und die steuerliche Seite, damit man da kein Risiko eingeht. Mit meiner Firma Sportscon will ich den Spielern einfach etwas mitgeben und ihnen weiterhelfen.

 

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